Begehungen als Schlüssel zu einer positiven Sicherheitskultur

Antworten auf diese und weitere Fragen gibt Dr. Anna Ganzke, Geschäftsführerin Wandelwerker Consulting GmbH, im Gespräch mit der Haufe-Arbeitsschutzredaktion.
Safety Mindset durch Begehungen entwickeln
Begehungen werden von Führungskräften und Beschäftigten häufig als reine Kontrollmaßnahme wahrgenommen. Woran liegt das und wie kann das geändert werden?
Das liegt u. a. an der historischen Ausrichtung vieler Begehungsformate. Ursprünglich wurden Begehungen als Kontrollinstrumente eingeführt, um Qualitäts- und Sicherheitsstandards sicherzustellen. Diese regelorientierte Herangehensweise war zur Erreichung einer Kulturstufe 2 – und ist in bestimmten Kontexten auch weiterhin – ein wirksames Mittel, um Konformität zu gewährleisten.
Allerdings wird das Potenzial von Begehungen zur Weiterentwicklung der Sicherheitskultur häufig nicht ausgeschöpft. Statt als Chance zur positiven Einflussnahme auf Einstellungen und Verhalten wahrgenommen zu werden, gelten sie oft als notwendiges Übel – sowohl für die Beschäftigten als auch für die Führungskräfte selbst.
Deshalb braucht es eine klare Neuausrichtung: Führungskräfte sollten gezielt befähigt werden, Begehungen nicht nur zur Systemerfüllung zu nutzen, sondern aktiv zur Entwicklung eines positiven Safety Mindsets beizutragen. Das bedeutet auch, Begehungen dialogorientiert, wertschätzend und lösungsfokussiert zu gestalten.
Erfolgsfaktor für wirksame Begehungen
Sollten Beschäftigte aktiv in Begehungen eingebunden werden? Welche Strategien sind hier hilfreich?
Unbedingt. Eine aktive Beteiligung der Beschäftigten ist ein zentraler Erfolgsfaktor für wirksame Begehungen. Besonders sinnvoll ist es, schrittweise vorzugehen: Zu Beginn kann die Einbindung von Sicherheitsbeauftragten als Multiplikatoren dienen. Nach und nach sollten dann auch weitere Mitarbeitende in das Format eingebunden werden.
Grundsätzlich gilt: Eine Begehung ist kein Monolog der Führungskraft. Sie sollte immer auf einen echten Dialog ausgerichtet sein. Nur wenn Mitarbeitende die Möglichkeit haben, sich einzubringen, können praxisnahe und nachhaltige Verbesserungen gemeinsam entwickelt werden – und diese erfahren in der Regel auch eine deutlich höhere Akzeptanz im Arbeitsalltag.
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Auch die nonverbale Kommunikation zählt
Welche Rolle spielt die Kommunikation mit den Beschäftigten im Rahmen von Begehungen?
Die Kommunikation spielt eine zentrale Rolle – und dabei nicht nur die verbale, sondern auch die nonverbale Kommunikation. Körpersprache, Haltung, Blickkontakt und Auftreten sind ebenso entscheidend wie das gesprochene Wort.
Begehungen sollten ausdrücklich keine frontale Kontrollveranstaltung sein. Vielmehr geht es darum, im Gespräch mit den Mitarbeitenden ein fundiertes Bild der aktuellen Situation zu gewinnen – mit all ihren Herausforderungen, aber auch Erfolgen. Auf dieser Grundlage lassen sich gemeinsam tragfähige und akzeptierte Lösungen entwickeln.
Gemeinsame Lösungen entwickeln
Können Begehungen auch dazu beitragen, bei den Beschäftigten ein tieferes Verständnis für Sicherheitsprozesse zu entwickeln?
Ja, absolut. Begehungen bieten eine hervorragende Möglichkeit, die Hintergründe von Prozessen und Arbeitsschritten verständlich zu machen – vorausgesetzt, die begehende Führungskraft verfügt über die notwendige Kommunikations- und Führungskompetenz.
Dabei reicht es nicht aus, „nur“ Vorbild zu sein, etwa durch das Tragen der Persönlichen Schutzausrüstung. Viel wichtiger ist die Fähigkeit, echtes Interesse zu zeigen, empathisch zuzuhören und auf die individuellen Perspektiven der Mitarbeitenden einzugehen. Nur so entsteht Vertrauen, das die Basis für offene Gespräche über Herausforderungen und Verbesserungspotenziale bildet.
Systemische Fragen können hier ein hilfreiches Werkzeug sein. Entscheidend ist, dass die begehenden Führungskräfte ein umfassendes Verständnis für die Arbeitsumgebung und -organisation mitbringen – und nicht vorschnell auf individuelles Fehlverhalten fokussieren. Ziel ist es, gemeinsam Lösungen für das gesamte System zu entwickeln.
Essenzieller Bestandteil jeder Sicherheitsbegehung
Kann konstruktives Feedback während Begehungen zur kontinuierlichen Verbesserung im Unternehmen beitragen?
Ja, zweifellos. Konstruktives Feedback ist ein essenzieller Bestandteil jeder Sicherheitsbegehung. Natürlich müssen auch sicherheitskritisches Verhalten und Fehlhandlungen angesprochen werden – aber der Fokus sollte sich zunehmend verschieben.
Anstatt hauptsächlich Defizite und unsichere Verhaltensweisen zu thematisieren, sollten auch gezielt positive Beispiele hervorgehoben werden: Best Practices, gelebte Sicherheitsstandards und vorbildliches Verhalten. Diese stärken das Sicherheitsbewusstsein und fördern eine Kultur, in der Lernen, Austausch und Wertschätzung im Mittelpunkt stehen.
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